Komplexitätsbewältigung im Unternehmen | |||
Autorin: Julia Hoffmann | Seminarleiter: Prof. Beyer | WS 2000/2001 | Hauptstudium |
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Komplexitätsbewältigung im Unternehmen
1. Begriff, 2. Komplexität in der Entwicklung, 3. Komplexität in der Beschaffung, 4. Komplexität in Produktion und Auftragsabwicklung, 5. Komplexität im Vertrieb, 6. Komplexität der Produkte, 7. Fazit
1) Begriffsklärung
Die Märkte sind einem ständigen Wandel unterworfen, dem sich
die Unternehmen möglichst schnell und mit geringem Aufwand anpassen
sollten. Durch den Versuch sich diesem Wandel zu stellen, werden die Vorgänge
im Unternehmen sowie in Verbindung mit den vor- und nachgelagerten Institutionen
komplizierter. Um ihre Handlungsfähigkeit und somit Stellung am Markt
erhalten bzw. ausbauen zu können, müssen die Unternehmen versuchen,
in sämtlichen Bereichen dieser Komplexität entgegenzusteuern
bzw. sie zu beherrschen.
Verstärkt tritt Komplexität aufgrund von starrer Organisation auf. Traditionelle Organisationsstrukturen sind zu langsam, zu teuer und nicht flexibel genug. Vorteilhaft ist es, wenn Unternehmen ihre vertikale, hierarchische Organisation hin zu einer horizontalen verbessern. Die hierarchische Organisationsform ist gekennzeichnet durch die partielle personelle Trennung von geistiger und ausführender Arbeit, die räumliche Ausgliederung aller konzeptionellen, steuernden und überwachenden Arbeitsinhalte aus dem Bereich der Fertigung und die Konzentration der Arbeitsmethodik auf eine relativ starke Arbeitszerlegung.
c)
Ein Lösungsansatz wäre die
modulare
Organisation
.
Eine solche Organisation ist auf der Basis integrierter und kundenorientierter
Prozesse in relativ kleine, überschaubare Einheiten (Module) gegliedert.
Diese zeichnen sich durch dezentrale Entscheidungskompetenz und Ergebnisverantwortung
aus. Die Koordination zwischen den Modulen erfolgt verstärkt durch
nicht-hierarchische
Koordinationsformen
.
Dieses Modell kann sogar durch die Netzwerkorganisation noch erweitert
werden. Bei der Netzwerkorganisation treten Unternehmen in
unternehmensübergreifendeKooperationsverbindungen
ein. Sie bilden Wertschöpfungspartnerschaften, Joint Ventures und
strategische Allianzen. Durch die Netzwerkbildung können Synergieeffekte
genutzt werden, wie z.B. die Erweiterung des zur Verfügung stehenden
Kapitals und Know-hows.
d) Ein wichtiger Teilaspekt der Organisation ist die Informationsweiterleitung. Durch eine rasche, unkomplizierte und umfassende Informationsübermittlung kann Komplexität schon bei ihrer Entstehung eingedämmt werden.
Die Vielfalt an Information im Unternehmen kann ist mit den heutigen technischen Mittel einfach handzuhaben. Mit Hilfe eines Intranets können Informationen schnell in alle Unternehmensbereiche übermittelt werden. Somit werden viele Mitarbeiter erreicht ohne - wie beispielsweise im Internet - Interna an Außenstehende preiszugeben. Das Internet wiederum kann genutzt werden, um Schnittstellenprobleme mit Lieferanten und Kunden zu verringern, da mit diesem Medium eine hohe Informationsdichte in kurzer Zeit auf aktuellem Stand erreicht werden kann.
e) Eines der Hauptprobleme der Komplexitätsbeherrschung ist die Kostenzurechnung, da es sich bei Komplexitätskosten vorwiegend um Gemeinkosten handelt, die nicht eindeutig einer Produktart zuzurechnen sind. Daraus ergibt sich bei steigender Komplexität ein immer größer werdender Fixkostenanteil, der entweder unmittelbar oder zeitlich verzögert wirken kann.
(1) Unmittelbare Kostenwirkungen können sein:
(2) Dem gegenüber stehen die
zeitlich
verzögert
auftretenden Kosten. Sie entstehen, wenn in bereits entstehende Produktions-,
Informations- und Organisationsgefüge investiert wird. Meist geschieht
das jedoch erst, wenn die Defizite offen zu Tage treten. Eine signifikante
Verringerung der Kosten zu diesem Zeitpunkt ist allerdings schwer zu erreichen.
Vielmehr werden lediglich die Gemeinkosten erhöht, ohne die Situation
nachhaltig zu verbessern.
b) Ein geeignetes Konzept hierfür ist das SimultaneousEngineering . Durch parallele Entwicklung und Planung sollen sowohl die Entwicklungszeiten wie auch die kosten minimiert werden.
Indem man bereits in diesem frühen Stadium des Produktes den
Kundenintegriert
,
kann gezielt auf Wünsche eingegangen werden, um Overengineering zu
vermeiden. Allerdings ist zu beachten, dass hier die Varianten noch nicht
festgelegt werden. Dies sollte erst am Ende der Wertschöpfungskette
erfolgen, damit die Modulbauweise und das Baukastensystem aufrechterhalten
werden.
c)
Beispiel: Werkzeugindustrie
Entwicklungsdauer Japan: 13,8 Monate
Entwicklungsdauer Deutschland: 28 Monate
3) Komplexität in der Beschaffung
b)
Dies kann durch eine
Verringerung der Lieferantenzahl
weitgehend vermieden werden. Die Unternehmen operieren mit sog.
Systemlieferanten
,
die häufig durch System- und Lebenszyklusverträge gebunden werden.
Standardverträge vereinfachen die Bestellvorgänge, während
Lebenszyklusverträge beide Vertragspartner längerfristig aneinander
binden.
Unternehmen greifen auf Komplettleistungen von Systemlieferanten zurück, d.h. die Zulieferer haben sich untereinander bereits abgesprochen und die Vormontage übernommen.
In manchen Fällen reduzieren die Unternehmen ihre Zuliefererzahl so enorm, dass man auf "Exklusivlieferanten" zurückgreift. Mit dieser "Single-Sourcing-Politik" soll die Just-In-Time-Lieferung für die weiterverarbeiteten Unternehmen gesichert werden. Nicht nur die Vormontage sondern folgende Logistikleistungen können an die Zulieferer abgegeben werden:
4) Komplexität in Produktion und Auftragsabwicklung
Durch Erfüllung dieser Merkmale, ist es möglich die Zeitziele
verbessert einzuhalten.
Eine "Spezialisierung", die innerhalb der Fertigungszellen erfolgt,
kann zu Skalenerträgen und Lernkurveneffekten führen.
Weitere Möglichkeiten der Komplexitätsreduktion ergeben sich, wenn die Variantenbestimmung ans Ende der Wertschöpfungskette gelegt wird. Dadurch können Vorprodukte in verschieden Modellen verwendet werden. (Baukastensystem)
c)
Beispiel: "Wunschfahrzeug"
Kunde kann sich "sein" Fahrzeug weitgehend selbst konstruieren.
d) Eine Beherrschung der Komplexität in indirekten Bereichen, die zur Senkung der Komplexitätskosten führt, kann durch eine objektorientierte Auftragsabwicklung erreicht werden, die eine produktbezogene, prozessorientierte Strukturierung des Informationsflusses in der logistischen Kette der Auftragsabwicklung bewirkt. Durch die Nutzung der Konzentration von Produkt- und Prozess-Know-how sollen Synergieeffekte erzeugt werden, die einen störungs- und wartezeitfreien Durchfluss an Informationen gewährleisten. Dadurch wird eine Optimierung des Auftragsabwicklungsprozesses erreicht. Für die Erzeugung von Produkten mit unterschiedlicher Kundenspezifität ergibt sich durch die Objektorientierung eine vereinfachte Auftragsabwicklung, weil die Informationsbereitstellung und -verarbeitung schneller und genauer erfolgt. Dies führt zur Senkung von Informations-, Auftragsverarbeitungs- und Komplexitätskosten sowie zur Verkürzung der Gesamtauftragsdurchlaufzeit.
b)
Durch ein Kunden/ Produktportfolio lässt sich jedoch
bestimmen, welche Varianten lukrativ vertrieben werden können. Um
dies zu ermitteln, bedient man sich Ausstattungs- und Preisstabilitätsanalysen
Die Ausstattungsanalyse einerseits gibt Auskunft darüber, welche
Ausstattungsmerkmale in welcher Kombination von welchen Kunden nachgefragt
werden. Durch die Preisstabilitätsanalyse andererseits wird der Zusammenhang
zwischen Kundenwert einer Option und ihrer Marktabdeckung ermittelt. Es
wird also untersucht, welcher Kundennutzen mit einer bestimmten Leistung
erreicht wurde und inwieweit die Zielgruppe dieses Produktes zufriedengestellt
werden konnte. Danach kann entschieden werden, ob eine Option in die Serienausstattung
eingeht oder als zusätzliche Einzeloption angeboten wird.
c)
Beispiel: Elektroindustrie
Ein japanisches Unternehmen schaffte es, mittels Zielgruppenmanagement
seine C-Produkte um das Vierfache zu verringern, bei gleicher Qualität
und gleichem Zeitaufwand.
b) Eine Möglichkeit hierfür bietet die Plattformstrategie . Einheitlichkeit und Unterscheidbarkeit werden verbunden. Die Produkte werden nach dem Baukastensystem bzw. nach Modulbauweise hergestellt, so dass möglichst viele einzelne Bausteine kombinierbar sind. Dadurch wird die Variantenvielfalt bei gleichzeitiger Kostensenkung erhalten. Darüber hinaus können eine neue Variante schneller auf den Markt gebracht werden.
c)
Beispiel: Autoindustrie VW
VW-Passat und VW-Golf werden mit dem selben Außenspiegel produziert.
7) Fazit
Durch flache Hierarchien, Flexibilität und Minimierung des Verwaltungsaufwands sind die Prozessabläufe im Unternehmen zu optimieren.
Dabei sollen:
Literatur:
Pfeiffer, Werner und Enno Weiss: "Lean Management", Grundlagen der Führung und Organisation lernender Unternehmen, 1994, 2. Auflage, Erich Schmidt Verlag GmbH&Co, Berlin
Voigt, Kai-Ingo: "Die Gestaltung der Leistungstiefe", 1999, Foliensatz Allgemeine BWL, Übung zum Hauptstudium, Nürnberg, WS99/00
Wildemann, Horst: "Komplexität vermeiden oder beherrschen lernen", 1999, Harvard Businessmanager 6/99